Institut für Thermische Verfahrenstechnik

Trocknung hochkapazitiver Elektroden für Lithium-Ionen Batterien

Als mobile Energiespeicher sind Lithium-Ionen Batterien in Mobiltelefonen, Laptops oder Werkzeugen nicht mehr aus dem alltäglichen Leben wegzudenken. Diese dominante Marktstellung verdanken sie ihrer hohen Energie- und Leistungsdichte. So werden Lithium-Ionen Batterien in den vergangenen Jahren nicht nur zunehmend stärker diskutiert, wenn es vor dem Hintergrund der Energiewende um die Abkehr von einer atomaren Stromversorgung geht, sondern auch als Alternative zu verbrennungsmotorisierten Autos in elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Allerdings lässt der Durchbruch in diesen Anwendungsbereichen noch auf sich warten, was, besonders im Falle der Elektromobilität, auf zwei wesentliche Punkte zurückgeführt werden kann:

  • Kosten
  • Unzureichende Kapazitäten

Die Prozessierung spielt bei der Einstellung der Eigenschaften von Batteriezellen eine wesentliche Rolle. So wirken sich Prozessbedingungen beispielsweise direkt auf die Zyklenfestigkeit von Anoden- und Kathodenschichten aus. Eigenschaften wie Schichtleitfähigkeit, ionische Leitfähigkeit in der komplexen, porösen Struktur der Aktivmaterialschicht oder Kohäsion der verschiedenen, partikulären Komponenten der Elektrodenschicht untereinander, bzw. auf der Ableiterfolie, sind von grundlegender Bedeutung und werden während der Prozessierung maßgeblich beeinflusst.

Der Kantenabzugstest zweier unterschiedlich getrockneter graphitbasierter Anodenschichten ist im Folgenden gezeigt. Gut zu sehen ist die deutlich schlechtere Adhäsion der Aktivmaterialschicht auf der Ableiterfolie bei der schneller getrockneten Schicht.

Langsame Trocknungsrate; Jaiser

Kantenabzugstest graphitbasierter Anodenschichten.

Hohe Trocknungsrate; Jaiser

Die Erkenntnis, dass sich die Trocknungsrate  auf die Schichtstabilität auswirkt, führt zu der Fragestellung, welche Prozesse innerhalb der mikroporösen Elektrodenstruktur während der Trocknung ablaufen und für bestimmte Eigenschaften verantwortlich sind. Die Haftkraft der jeweiligen Elektrodenschichten dient hierbei nicht nur als Maßstab für eine Haftung zwischen Elektrode und Substrat, sondern vielmehr als qualitatives Werkzeug zur Beurteilung inhomogener Komponentenverteilungen innerhalb der Schichten. Ein grundlegendes Verständnis für die während der Trocknung von Lithium-Ionen-Batterie-Elektroden stattfindenden und bislang wenig untersuchten Prozesse soll aufgebaut werden, und auf die Optimierung bestehender Prozesse angewandt werden.

In ersten Untersuchungen konnte die Entfeuchtung einer Lithium-Ionen-Batterie-Anode mittels aufwändiger Kryo-Probenpräparation und anschließender Kryo-REM-Aufnahmen festgehalten werden. Die Experimente ermöglichen eine quasi-in-situ Beobachtung des Trocknungsverhaltens und geben damit Anhaltspunkte für zugrunde liegende Mechanismen der Entfeuchtung des Porennetzwerkes. Daraus gewonnene Erkentnisse sollen auf komplexere Fragestellungen angewandt werden und dienen als Grundlage für weitere Forschungsarbeit.

Untersuchung der Mikrostrukturausbildung während der Trocknung von Lithium-Ionen-Batterie-Elektroden mittels Kryo-REM [Jaiser, S.; Kumberg, J.; Klaver, J.; Urai, J. L.; Schabel, W.; Schmatz, J.; Scharfer, P.; Journal of Power Sources; 2017]

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es die Entwicklung im Bereich der Herstellung hochkapazitiver Lithium-Ionen-Batterie-Elektroden voranzutreiben. Diese bergen das große Potential von Kostenreduktion durch Materialeinsparung gekoppelt mit höheren Kapazitäten. Ein Weg hin zu höheren Kapazitäten ist der Zusatz von Additiven, die eine weitere Komponente bilden, deren Verteilung in der trockenen Elektrode einen großen Einfluss auf die finale Batterieleistung hat. Des Weiteren sollen Elektroden höherer Flächenbeladung hergestellt werden.  In ersten Versuchen konnte gezeigt werden, dass diese wesentlich ausgeprägtere Komponentengradienten über der Schichthöhe aufweisen. Diese führen zu einer stark verminderten Haftung dicker Elektroden gegenüber dünnen und einer eingeschränkten Funktionalität derselben. Aus diesem Grund soll in diesem Projekt die Trocknung dicker Elektroden untersucht werden mit dem Ziel bekannten Problematiken entgegenzuwirken. Zusammenhänge zwischen verschiedenen Komponentenverteilungen innerhalb der einzelnen Schichten und deren Auswirkung auf die Zellperformance sollen evaluiert werden.

Die systematische und grundlagenbasierte Untersuchung der bislang wenig verstandenen Phänomene birgt auch auf Kostenseite noch großes Optimierungspotential. Hierbei liegt ein wesentlicher Fokus der Forschungsarbeiten stets auch auf der Übertragbarkeit („Scale-Up“) der im Labor gewonnenen Ergebnisse auf industrielle Anwendungen. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Ambivalenz zwischen Kostenreduktion durch eine schnellere Trocknung und die Optimierung der Produkteigenschaften genannt. Beide Entwicklungsziele konkurrieren in diesem Anwendungsfall und müssen daher sorgsam und, basierend auf einem fundierten, wissenschaftlichen Verständnis, gegeneinander abgewogen werden. Die wissenschaftliche Literatur bietet in diesem Bereich noch keine ausreichende Grundlage, sodass noch viele Fragen ungeklärt sind.

 

Dieses Projekt wird durch den BMBF gefördert und ist Teil des Forschungsprojektes "HighEnergy" innerhalb des Forschungsclusters "ProCell".