Untersuchung der Strukturbildung bei der kristallinen Erstarrung aus mehrkomponentigen dünnen Filmen

Hintergrund

Die Kristallisation aus mehrkomponentigen dünnen Filmen ist ein wichtiger Teilschritt bei etablierten wie auch neuen industriellen Prozessen. Zu diesen zählen z. B. die Wirbelschicht-Sprühgranulation oder auch die Dünnschicht-Elektronikanwendung – u. a. Perovskit-Solarzellen. Die erwähnten Prozesse haben gemein, dass es durch die Verdampfung eines Lösungsmittels zu einer Übersättigung an kristallisierfähigen Stoffen innerhalb des Filmes kommt. Diese Übersättigung wird durch ein Aufkristallisieren an einer schon bestehenden Feststoffschicht abgebaut.

Der Prozess des Kristallwachstums ist bestimmt durch Teilprozesse im Film bzw. an der Grenzfläche. So sind die Diffusion und der Einbau in das Kristallgitter die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte. Bei mehrkomponentigen Systemen kann es zu kinetischen Behinderungen kommen, sodass sich Schichten bilden.

 

Herausforderung

Zur Charakterisierung der finalen Strukturen kann im Nachgang an einen Trocknungsversuch eine Oberflächencharakterisierung – z. B. mit REM-Aufnahmen – durchgeführt werden (siehe Abb. 1, links). Allerdings kann so nur auf die sich ändernden Oberflächenmorphologien in Abhängigkeit der eingestellten Prozessparameter zurückgeschlossen werden. Warum solche Schichten in ihrer Ausprägung entstehen und welche Kinetiken bzw. Phasengleichgewichte bestimmend sind, kann durch solche Experimente nicht erfasst werden.

Abbildung 1: Links: REM-Aufnahmen von Granulatoberflächen. Durch unterschiedliche Prozessbedingungen ergeben sich unterschiedliche Oberflächenmorphologien, welche zu veränderten makroskopischen Eigenschaften führen (mit Dank an LEM). Rechts: Schematische Darstellung der Massenanteile der vorkommenden Komponenten im Film. Durch Trocknung kommt es zu einer Abreicherung an Lösemittel an der V-L-Grenzfläche. Aufgrund einer Inhibierung kann Komponente B nicht an der S-L-Grenzfläche auskristallisieren und reichert sich deshalb dort im Gegensatz zu Stoff A an.

 

Aus diesem Grund wird die konfokale Raman Spektroskopie angewendet, um während des Trocknungs- und Kristallisationsprozesses die sich ausbildenden Konzentrationen über der z-Koordinate im Flüssigkeitsfilm zu messen (siehe Abb. 1, rechts). Mit den gemessenen Verläufen ist es dann möglich, die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte in Abhängigkeit der Prozessparameter zu bestimmen. Eine Aufzeichnung von Spektren an unterschiedlichen Stellen im Flüssigkeitsfilm ist in Abb. 2, unten dargestellt. Hierbei handelt es sich um einen Tiefenscan hin zu einer Kristalloberfläche in z-Richtung für das Stoffsystem Natriumcarbonat-Wasser in der Nähe einer Natriumcarbonatoberfläche.

Abbildung 2: Oben: Spektren der Röntgendiffraktometrie in Abhängigkeit der Schichthöhe nach der Kristallisation des ternären Systems Na2SO4-Na2CO3-H2O (mit Dank an IAM-WET). Es ist deutlich zu erkennen, dass es in unterschiedlichen Schichten zu unterschiedlichen Signalen kommt, was auf eine Veränderung der Feststoffe schließen lässt. Unten: Tiefenprofil eines dünnen Elektrolytfilmes (Natriumcarbonat in Wasser gelöst) in der Nähe eines Natriumcarbonatkristalls. Durch eine geeignete Kalibrierung kann schlussendlich an jeder Stelle auf eine Konzentration an Natriumcarbonat in Wasser geschlossen werden.

 

Ziel

Das Ziel des Forschungsvorhabens ist die Untersuchung des Verfestigungs- bzw. Kristallisationsverhaltens von mehrkomponentigen Lösungen in der Nähe von bestehenden Feststoffschichten, wie es z. B. bei der Wirbelschicht-Sprühgranulation der Fall ist. Hierbei soll der Fokus vor allem auf der Strukturbildung und den Stofftransportvorgängen innerhalb eines dünnen Elektrolytfilmes liegen. Der Einfluss von Prozessparametern (Temperatur, Trocknungsbedinungen, usw.) soll herausgearbeitet werden, um durch die Wahl geeigneter Betriebsbedingungen die Produkteigenschaften möglichst gezielt beeinflussen zu können. Die Ergebnisse sollen zur Verbesserung der Produkteigenschaften bei bekannten Prozessen beitragen.