Entstehung der Partikelmorphologie bei der Fällungskristallisation

  • Ansprechperson:

    Guse

Projektbeschreibung

Für die Produktion von feinen, kristallinen Partikeln zwischen 10 nm und 10 µm wird häufig die Fällungskristallisation angewendet. Pigmente, Katalysatoren, keramische Vorstufen oder pharmazeutische Wirkstoffe werden mittels Fällungskristallisation hergestellt. Anforderungen an das gefällte Produkt sind beispielsweise eine definierte, enge Partikelgrößenverteilung, eine gezielte Morphologie (äußere Form) der Kristalle oder bei pharmazeutischen Produkten eine gute Bioverfügbarkeit.

Was ist eine Fällungskristallisation?
Bei der Fällungskristallisation werden zwei (meist salzhaltige) Lösungen mit den Edukten A bzw. B vermischt, die miteinander reagieren. Es bildet sich ein im Lösungsmittel schwerlösliches Produkt C, das ausfällt.


Durch die Reaktion befinden sich plötzlich mehr Moleküle an C im Lösungsmittel als maximal löslich sind. Man spricht nun von einer übersättigten Lösung. Um diese Übersättigung bis zur Sättigung (maximale Löslichkeit von Produkt C im Lösungsmittel) abzubauen, muss sich eine Feststoffphase in der Lösung bilden. Dabei formieren sich Keime, die zu Kristallen heranwachsen. Man unterscheidet dabei  homogene und heterogene Keimbildung, also der Keimbildung mit artgleichen Molekülen und derjenigen von artgleichen Molekülen an artfremden Feststoffoberflächen (Fremdpartikeln in der Lösung, Wände).

Was gilt es zu erforschen?
Die Partikelbildung durch die homogene Keimbildung aus übersättigten Lösungen konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Kommt es zu einer geordneten Aggregation der Keime und dieses Aggregat wächst zum Kristall? Wachsen die Keime nach der klassischen Keimbildungstheorie selbst zu Kristallen? Oder aggregieren die Moleküle zu einer ungeordneten (amorphen) Phase, aus der ein Kristall entsteht?

Abbildung 1: Edukte A und B, Vermischung, Produkt C, Keimbildung, Wachstum zum Kristall.

Ebenso unbekannt ist der genaue Zusammenhang zwischen Prozessbedingungen (Übersättigung S, Gitterionenverhältnis R, Temperatur T) und der resultierenden Morphologie. Wie Abbildung 2 anhand der Modellsubstanz Bariumsulfat (Baryt) zeigt, können bei unterschiedlichen Randbedingungen eine Vielzahl an verschiedenen Morphologien entstehen.

Abbildung 2: Morphologien von BaSO4.

Ziel ist es, eine multidimensionale Morphologiekarte zu erstellen, anhand derer eine Vorhersage von Kristallausformungen möglich ist. Des weiteren soll aufgeklärt werden, welche Mechanismen während der Keimbildung und des Kristallwachstum zu den resultierenden Morphologien führen. Idealerweise können darüber hinaus Zusammenhänge über individuelle Stoffsysteme hinweg aufgedeckt werden.

Wozu benötigt man Erkenntnisse über die Keimbildung?
Die Bestimmung von Keimbildungsraten ist heute immer noch zeitaufwändig. Bei der Entwicklung industrieller Fällungsprozesse nimmt deren experimentelle Bestimmung bis zu einem ¾ Jahr in Anspruch. Mit Hilfe der Klassischen Keimbildungstheorie können Keimbildungsraten zwar berechnet werden, experimentell ermittelte Keimbildungsraten weichen aber zu oft von der Theorie ab. In experimentellen und theoretischen Arbeiten sollen daher die bei der Fällung ablaufenden Feststoffbildungsprozesse besser verstanden werden.

Wie werden die Partikel gefällt?
Die eigentliche Fällung erfolgt mittels eines Mischdüsenverfahrens (Abbildungen 3 und 4).

Anlage

Abbildung 3: Mischdüsenverfahren mit Additivzugabe.

Durch die Verwendung einer derartigen Mischdüsentechnik kann eine äußerst schnelle Vermischung der Edukte erzielt und ein Vermischungseinfluss auf den Partikelbildungsprozess praktisch ausgeschlossen werden. Kernelement der Anlage ist die Mischdüse, in der beide Eduktströme aufeinander treffen und sich durch die eingebrachte kinetische Energie schlagartig vermischen.

Abbildung 4: T-Mischer und Y-Mischer.

Wie wird das gefällte Produkt charakterisiert?
Die Charakterisierung und Analyse der erzeugten Partikeln bezüglich Größe, Aggregationsverhalten, Morphologie und Kristallstruktur erfolgt mit statischer bzw. dynamischer Lichtstreuung, Raster (REM)- und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) und mittels Röntgendiffraktometrie (XRD).

    

Abbildung 5: Aggregierte Nanopartikel.                                               Abbildung 6: Elektrostatisch stabilisierte Nanopartikel.

Kleine Partikeln neigen zur Aggregation (Abbildung 5). Dadurch wird eine offline-Analyse hinsichtlich der Partikelgrößenverteilung häufig erschwert. Findet die Reaktion der Edukte A oder B im Überschuss eines der Edukte statt, besteht die Möglichkeit einer elektrostatischen Stabilisierung der gefällten Suspension (Abbildung 6 und 7). Nicht immer kann eine elektrostatische Stabilisierung erzeugt werden bzw. nicht immer ist diese wirkungsvoll genug. Durch die Zugabe eines oberflächenaktiven Additivs ist es möglich die Suspension sterisch zu stabilisieren und die Partikelgröße ohne den Einfluss der Aggregation offline auszuwerten (Abbildung 7).

aggre

Abbildung 7: Sterische und elektrostatische Stabilisierung von Suspensionen
sowie Aggregation von Einzelpartikeln
.